Dienstag, 24. September 2024. Eigentlich war der Tag erstmal wie jede andere. Morgens ging es für mich los zur Arbeit nach Sinamune. Gegen 14:30 Uhr komme ich nach Hause und esse mit Kira, Noa, meiner Gastmutter und den Mitarbeitern Mittag. Da es vergleichsweise warm war an diesem Nachmittag, wurden die Therapiestunden abgesagt, weshalb auch Noa und Kira den Nachmittag frei hatten. Wir saßen also alle auf unserem Zimmer und haben einfach ein bisschen entspannt. Unser Fenster war auf und wir rochen die ganze Zeit schon Rauch. Dies war jedoch nichts ungewöhnliches, denn in und um der Stadt gab es die ganzen letzten Woche immer schon kleine Feuer. Die meisten sind auf Brandstiftung zurückzuführen, wie uns unsere Ansprechperson von unserer Partnerorganisation mitteilte, die darauf aus sind, Chaos zu stiften, um die Regierung zum Handeln zu bewegen. Auch das Asche vom Himmel fiel hatten wir in unserer ersten Woche schon einmal erlebt, weshalb uns das nicht wirklich gewundert hat. Irgendwann sind Noa und Kira dann mal nach draußen schauen gegangen, den sie hörten nur, wie unsere Gastmutter irgendwas über die Pferde rief. Inzwischen war es etwa 16.30 Uhr. Ca. 5 Minuten später kam eine Mitarbeiterin ins Zimmer, in dem ich inzwischen nur noch alleine war, und rief mir ganz panisch zu ich solle raus kommen, die Pferde müssen weg. Ich also schnell meine Schuhe angezogen und ohne groß über irgendwas nachzudenken, das Haus verlassen, ohne irgendwas mitzunehmen außer einer Maske. Als ich aus der Tür trete, erwartet mich eine große Hektik. Ich höre nur wie alle Leute schreien, wir müssten die Pferde aus den Boxen holen und in Sicherheit bringen. Kira kommt auf mich zugelaufen und sagt, sie hätte schon die ersten Flammen mit eigenen Augen gesehen. Erst in diesem Moment realisiere ich so langsam wie ernst die Lage ist. Ich schnappe mir also einen Strick und hole das erste Pferd aus der Box. Die anderen machen dies ebenso und so schaffen wir es, ein paar der Pferde am Strick und die anderen frei nebenher laufend, das Gelände zu verlassen. Es geht immer weiter abwärts – Hauptsache vom angrenzenden Park und den näherkommenden Flammen weg. Irgendwann bin ich mit meinem Pferd an der Spitze der Herde angekommen und so laufen wir dann mit den 20 Pferden durch das Wohngebiet. Kira und ich müssen die ganze Zeit daran denken, dass wir nichts dabei haben, nicht mal unsere Handys. Irgendwann kommen wir dann am anderen Ende des Parks an, wo wir die Pferde erstmal stehen lassen können. Dann heißt es wieder zurück zum Hof. Inzwischen ist der Rauch dichter geworden, und sogar sogar die Bäume direkt gegenüber von unserem Hoftor und der Zaun der benachbarten Polizeistation stehen in Flammen. Die Nachbarn aus dem Viertel versuchen mit Wassereimern und Feuerlöschern die Flammen zu löschen. Auf unserem Gelände befinden sich noch immer die ganz verängstigten Hunde und so versuchen wir, die Hunde einzufangen und ins Auto zu tragen, damit diese in Sicherheit gebracht werden können. Irgendwann fährt unsere Gastmutter dann mit den Hunden vom Hof. Wir konnten die Gelegenheit ebenfalls noch nutzen, um wenigstens unsere Handys aus dem Zimmer zu holen. Für mehr war keine Zeit mehr. Auf dem Weg runter begegnete uns dann noch einer der Esel, der absolut keinen Schritt nach vorne gehen wollte. Mit 10 Personen haben wir dann versucht, den Esel mit Ziehen und Schieben zum Weitergehen zu ermutigen. Ein Stück weiter trafen wir dann auf eins der Pferde, dem es ohnehin schon nicht mehr gut ging und nicht richtig laufen konnte, weshalb es auf de Straße lag. Auch hier haben wir es dann irgendwann geschafft, mit der Hilfe von vielen Nachbarn, das Pferd auf die Ladefläche eines Pickups zu laden. Als das erfolgreich vollbracht war, wurden wir von Leuten auf der Straße angesprochen, ob wir helfen könnten, denn in irgendeinem Haus, seien noch ganz viele Hunde, die gerettet werden müssten, weil das Feuer immer näher kommen würde. Also sind Kira und ich direkt hingelaufen, um zu helfen. Dort haben wir dann auch unsere Gastmutter wieder getroffen, den bei den Hunden handelte es sich unter anderem um die Hunde von unserem Hof. Die waren in einen Laden gebracht worden, bei dem die hintere Tür offen war, sodass sich die Hunde im ganzen Haus verteilt hatten, ebenso in der Tiefgarage. So haben wir also versucht alle Hunde aus dem Haus zu holen und wieder ins Auto zu bringen. Irgendwann – als ich gerade in der Tiefgarage war – merkte ich, wie alle auf einmal ganz hektisch wurden. Ich merkte, dass irgendwas nicht stimmt und hörte, wie die Anwohner sagten, die Flammen würden immer näher kommen und hätten schon die Häuser gegenüber erreicht. Das war der Punkt, an dem ich zu Kira gesagt habe, es reicht und wir gehen jetzt. Unsere Gastmutter schrie uns noch an, es würden noch Hunde fehlen. Wir sind dann zusammen die Straße entlang gelaufen und keine 10 Sekunden später, ist hinter uns eins der Häuser explodiert und es sind die ganzen Sachen durch die Luft geflogen. Kira erzählte mir später, dass auch als ich unten im Keller war, es schonmal eine Explosion gegeben hat, weshalb alle dann so aufgeregt waren.
Weinend, zitternd und total unter Schock stehend werden wir dann von einer Mitarbeiterin von Fiides abgeholt. Inzwischen ist es acht Uhr. Wir fahren dann gemeinsam zu Anton (der Freiwillige, mit dem ich zusammenarbeite), wo wir die Nacht schlafen können, denn zurück können wir auf keinen Fall. Das Feuer ist noch lange nicht gelöscht und ob unser Haus noch steht, wissen wir auch nicht.











Die nächsten drei Tage verbringe ich dann die meiste Zeit im Krankenhaus. Durch den Rauch über die vielen Stunden, habe ich mir eine Rauchgasvergiftung zugezogen und werde im Krankenhaus mit Sauerstoff versorgt. So langsam geht es mir dann immer besser und ich darf entlassen werden. Wegen diversen Zwischenfällen im Reitprojekt und dem Leben mit unserer Gastmutter, werden wir auch nach dem Feuer nicht wieder dorthin zurück gehen. Meine Projekte sind davon nicht betroffen, weshalb ich dort weiterarbeiten darf, allerdings führte das dazu, dass ich jetzt für die verbleibenden 9 Monate bei Anton wohnen bleibe. Kira und Noa haben inzwischen neue Projekte bekommen und sind deswegen auch in neue Familien umgezogen. Dem Haus selbst ist glücklicherweise nichts passiert und wir konnten unsere Sachen noch abholen.




Steffen Oktober 13, 2024
Hallo Marlene, gut zu lesen, dass Du da gut rausgekommen bist.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Glück und Kraft und Gesundheit, und es wird bestimmt auch bald wieder besser.
Viele Grüße, Steffen
Evelin Oktober 15, 2024
Liebe Marlene, so ein Erlebnis wünscht man sich nun ganz und gar nicht. Ich bin froh, dass es dir wieder besser geht und du eine neue Unterkunft gefunden hast. Vielleicht gibt es auch eine Möglichkeit des Austausches über dieses Ereignis, damit du es besser verarbeiten kannst. Ich wünsche Dir eine gute Zeit und Spaß bei deiner Tätigkeit.
Liebe Grüße Omi
Anke Oktober 22, 2024
OMG, was für eine schlimme Sache. Bin auch froh zu lesen, dass du da gut rausgekommen bist. Pass weiter gut auf dich auf.