Selten war es mir bisher möglich, die Auswirkungen des Klimawandels so hautnah zu erleben, wie ich es hier gerade tue. Seit Wochen hat es hier in Quito nicht so richtig geregnet. Dies ist sehr unüblich für die Region. Und nicht nur hier – das ganze Land verzeichnet viel zu wenig Niederschlag. Wie weitreichend die Konsequenzen davon sein können, war mir vorher nicht so sehr bewusst. Ecuador geniert seinen Strom überwiegend aus erneuerbaren Energien. Alleine Wasserkraft generiert in der Regel mehr als die Hälfte der benötigten Energie. Zur Regenzeit kann der Anteil sogar auf bis zu 90% steigen. Hier wird einem dann schnell bewusst, was passiert, wenn zu wenig Wasser da ist. Die Wasserkraftwerke können nicht mehr richtig arbeiten und dies bedeutet, dass es nicht mehr genügend Strom für alle gibt. Erschwerend hinzu kommt dann noch, das eines der größten Wasserkraftwerke beschädigt ist. Was bedeutet das also für die Bevölkerung? Ganz einfach: Der Strom wird stundenweise abgeschaltet.
Die Stadt Quito ist in verschiedene Sektoren unterteilt. Jede Woche wird aufs neue festgelegt, welcher Sektor wann Strom hat. In meinem Fall bedeutet dies für diese Woche: Keinen Strom haben wir zwischen 0:00 und 6:00 Uhr und zwischen 13:00 und 17:00 Uhr. Kein Strom bedeutet dann in unserem Fall kein warmes Wasser und auch Herd etc. funktioniert nicht, denn in unserem Haus laufen die Küchengeräte wie Herd und Ofen über Strom und nicht über Gas. In Sinamune wiederum sind die Zeiten andere und so haben wir bis 11:00 Uhr keinen Strom. Dies hat z.B. Auswirkungen auf unsere Orchesterproben, denn normalerweise spielen wir mit Mikros und E-Pianos und brauchen Licht in unserem Probenraum. Deswegen weichen wir auf unser Foyer aus und improvisieren z.B. mit Melodicas, um die Pianos zu ersetzen. Nicht zu verkennen natürlich auch die großen Auswirkungen auf Ecuadors Wirtschaft, die mit jeder Stunde Stromausfall einen Verlust in Millionenhöhe macht und das trotz riesiger Generatoren. Gemeinsam warten dann immer alle gespannt auf die Neuigkeiten der Regierung, die jede Woche einen neuen Plan mit geänderten Zeiten des Stromausfalls veröffentlichen. So kann dann wieder geschaut werden, worauf man sich die nächste Woche einstellen kann.
Denn das beeindruckt mich immer wieder. Für alles wird eine Lösung gefunden und irgendwie klappt es immer! Seien es die Personen, die in gelben Warnwesten und mit Trillerpfeifen, den Verkehr auf den Kreuzungen regeln (Ampeln funktionieren ja auch nicht mehr) oder familiär wirkende Konzerte des improvisierten Orchesters im Foyer für die Touristengruppen. Und wer wollte nicht schon immer mal wieder ein Candlelight-Dinner machen und sein Abendessen bei Kerzenschein genießen?:)